14.9.2015 - Fischingen
"Jeder von uns ist ein Gott. Jeder von uns ist allwissend. Wir müssen lediglich unser Bewusstsein öffnen, um unserer eigenen Weisheit zu lauschen." Buddha
Heute morgen ging es endlich los. Leider scheine ich es am Wochenende geschafft zu haben, mich zu erkälten. Als Vorspeise vor dem Frühstück gab es also erstmal eine grippostad und eine Ibuprofen. Nach einem ausgiebigen Frühstück im ibis Hotel Konstanz - Highlight: American Pancakes mit Ahornsirup - schnappte ich mir meinen Rucksack und marschierte im Nieselregen los. Gegen das Kratzen im Hals besorgte ich mir noch schnell ein Halstuch und bei DM deckte ich mich mit Blasen-Pflastern und Halsbonbons ein. Hirschtalg wurde gestrichen, nachdem sich herausstellte, dass er keinesfalls von Dr. Hirsch erfunden wurde, sondern tatsächlich totes Tier enthält. Dann ging es über die Schweizer Grenze nach Kreuzlingen. Vom Jakobsweg leider keine Spur, aber mein Handy leistete gute Navigationsdienste. Schon am ersten Hang war ich froh um meine Trekking-Stöcke. Es ging einem Feldweg entlang reichlich Bergauf. Da ich ja gestern nicht planmäßig los bin, und einen Weg gefunden hatte, über den ich den Jakobsweg wieder einholen konnte, war mein erstes Ziel heute Weinfelden.
Auf der ersten Anhöhe hinter Kreuzlingen, zeigte sich zum letzten Mal der Bodensee. Gegen halb zwölf erreichte ich den Bommer Weiher, wo ich die erste Pause einlegte. Weiter ging es durch diverse Dörfer, die von der Erfindung des Bürgersteigs noch nichts gehört zu haben scheinen. Witzigerweise wurde ich beinahe von einem Schuhbus (ja, kein Schulbus, Schuhe) überfahren. Mit kurzen Unterbrechungen ging es immer weiter bergauf. Um kurz vor eins kam ich mitten im Wald an einen kleinen Rastplatz mit Brunnen, wo ich ordentlich trank und meine Flasche auffüllte. Nach einer Handvoll meiner Selbst gemischten Astronauten-Nahrung (Wal- und Haselnüsse 600kcal/100g, M&Ms 580kcal/100g, Schokoriegel 100kcal/Stück) ging es weiter den Berg hoch. Oben überraschte mich eine Fantastische Aussicht. Inzwischen wanderte ich auch in der prallen Sonne, obwohl ich von Gewitterwolken auf allen Seiten umringt war. Der Abstieg nach Weinfelden war ziemlich steil und auf dem rutschigen Schotter war ich erneut froh um die Trekking-Stöcke. In Weinfelden schnappte ich mir bei Migros Weinfelden erstmal zwei Apfel und eine Flasche Eistee und begutachtete meine Füße. Erfreulicherweise noch keine Blasen. Allerdings hab ich es dann geschafft beim zuschnüren der Schuhe mir eine Blase am rechten Zeigefinger zu holen. Das haben bestimmt auch noch nicht viele Pilger geschafft. Inzwischen war es halb drei und ich war genau rechtzeitig am Bahnhof Weinfelden um meine S-Bahn über Wil nach Schirnach zu erwischen. Während der Stunde fahrt, kam ich dem nicht über Weinfelden verlaufenden Jakobsweg wieder näher und konnte in Ruhe Pause machen.
In Schirnach angekommen ging es Richtung Fischingen direkt wieder bergauf . Und wieder bergab. Ich entdeckte das erste Schild zum Jakobsweg, allerdings zeigte es nach Fischingen in die Richtung aus der ich kam, während das Gelbe Wanderschild in die andere Richtung nach Fischingen zeigte. Ich hatte keine Lust zurück zu laufen, also folgte ich dem gelben Schild - bergauf. Und natürlich direkt wieder bergab. Ich hatte mit dem Wetter immer noch "Glück", während es um mich herum aus der Ferne Donnerte, brannte auf mich immer noch die Sonne herab. Würde mich nicht wundern, wenn ich morgen üblen Sonnenbrand hätte.Dann endlich ein Schild, "Fischingen 25 min" allerdings mal wieder rechts den Hang rauf. Darauf hatte ich diesmal keine Lust - man konnte bereits den Kirchturm geradeaus im Tal sehen. Also suchte ich auf der Karte einen anderen Weg und siehe da, nach 5 min stieß ich wieder auf den offiziellen Jakobsweg, der wohl die ganze Zeit gemütlich am Bach Murg entlang lief. Ich schnappte mir noch eine Handvoll Nässe und trank mein letztes Wasser, bevor es an die letzten 2km ging. Die gingen mal wieder auf ziemlich rutschigem Schotter dem Bach entlang aufwärts. Die dunklen Gewitterwolken kamen inzwischen bedrohlich nahe und auf dem Schotter muss ich mir wohl doch eine Blase (am Fuß) geholt haben. Ich war froh endlich das Dorf Fischingen erreicht zu haben. Das zog sich nochmal ordentlich und die Beizen lockten mit allerlei Leckereien (Borscht!), hatten aber allesamt Montag Ruhetag. So ging es halbwegs zügig zum Kloster Fischingen. Nichts erwartete ich sehnlicher als eine kalte dusche und die Schuhe wechseln zu können.
Das Kloster ist unheimlich modern. Zu meiner Freude bin ich allein im 20-Bett-Zimmer (zumindest bisher, sicher taucht heute Nacht noch irgendein Polter-Pilger auf). Die Einrichtung ist super modern, alles sehr sauber und unglaublich ruhig. Rucksack ins Schließfach und ab unter die Dusche. Der Blick aus dem Fenster zeigt, draußen gießt es inzwischen in Ströhmen! Da hab ich richtig Glück gehabt. Die Fuß-Situation ist halbwegs ok, die Socken verstoßen als Biologische Waffen sicher gegen die Genfer-Konventionen und mein Fuß sieht aus als wäre ich den ganzen Tag schwimmen gewesen, aber immerhin nur eine Blase, die dafür aber ordentlich groß. Sehr gut ist auch die bereitstehende und kostenlos nutzbare Waschmaschine. Mein Hemd und die Socken drehen dort gerade ihre Runden, während ich auf dem Bett liege und schreibe. Die Bluetooth-Tastatur, die ich am Samstag in Lörrach verzweifelt gesucht habe, hat sich vorhin im Rucksack gefunden und so bin ich wohl der erste Pilger der ein Keyboard durch die Schweiz schleppt. Allerdings wiegt sie nicht viel und es lässt sich deutlich besser tippen als auf dem Handy oder Tablet.
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